Jagst du noch oder sammelst du schon? Die Lösung der Klimakrise ist weiblich.
Irgendwann waren wir Jäger und Sammler. Wir Frauen und Männer. Sollten wir im Jahr 2020 vielleicht wieder anfangen, mehr zu sammeln? Ist es so einfach? Auf jede komplexe Frage gibt es ja bekanntlich eine einfache Antwort und die ist immer falsch. Auf die Frage, was wir in den nächsten Jahrzehnten tun werden, damit die Klimakatastrophe verhindert wird, gibt es demnach viele Antworten. Vielleicht sind die Antworten wie Puzzlesteine. Alleine unzureichend. In der Kombination bestechend.
Die Wahrscheinlichkeiten kippen
Wir stehen als Menschen an einem Wendepunkt der Erdgeschichte. Die Resilienz des Planeten schwindet. Die Wahrscheinlichkeiten kippen. Wir schreiben das Jahr 2020. Klimakonferenzen produzieren Maßnahmenkataloge. Jugendliche protestieren. Der Verlust der Artenvielfalt ist bereits sichtbar und die klimatischen Veränderungen bereits spürbar. Die Welt um uns herum verändert sich zu unseren Ungunsten. Und zu Ungunsten aller Lebewesen, auch unserer Kinder und Kindeskinder.
Wir sehen die Autolawinen und die Murenabgänge. Wir schmecken das Tierleid, dass in unserem Schnitzel steckt und spüren den Dumpingpreis in den Produkten, die wir in Händen halten. Der Ruf nach Systemveränderungen wird laut und lauter ….
... und verhallt. Ein leises Echo klingt nach in unseren Ohren. Da war doch was?
Worauf warten wir noch?
Es solle doch bitte endlich jemand etwas verändern. Die Zuständigen und Mächtigen sollen sich einigen und rasch in die Umsetzung kommen. Denken wir und kehren zurück auf unsere Alltagswege, die so übersichtlich ausgetrampelt sind. Wir setzen unsere Schritte fast automatisch inmitten des Pfades, den wir kennen. Und wünschen uns, jemand würde doch bitte endlich die Abzweigung freigeben. Damit wir die Autobahn des systemischen Irrsinns verlassen können. Denn wir alle spüren, dass das System in dem wir leben bereits an vielen Ecken und Enden Geschwüre ausbildet. Krebsgeschwüre. Und wir wissen, dass das nichts Gutes verheißt.
Und trotzdem schauen wir weg und trampeln weiter. Wie die Lemminge. Weil uns der Mut fehlt und der Gemeinschaftssinn. Die Hoffnung und die Vision. Vermeintlich. Denn all das ist da. Es schwebt über unseren Köpfen und steht zwischen den Zeilen. Es gibt im Jahr 2020 nichts, was uns noch fehlt, um gemeinsam abzubiegen. Wir haben das Wissen, wir haben die Technik und wir haben die Macht. Wir Menschen des Nordens haben die Puzzlesteine des Lösungsbilds bereits in unseren Herzen, Köpfen und Taschen gesammelt. Wir müssten sie nur noch zusammensetzen.
Worauf warten wir?
Sammeln statt Jagen
Die letzten Jahrhunderte unserer Geschichte waren geprägt von männlicher Dominanz. Von einem Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern. Männliche Werte und Herangehensweisen überschatteten lange Zeit weibliche Lösungsstrategien. Die Pfade die wir heute gehen, haben unsere Urahnen für uns getrampelt. Auf einer Welt, die für unsere männlichen Ahnen unendlich groß erschien, auf der es noch viele weiße Flecken gab und soviel zu entdecken, sind sie damals losgezogen, sich den Planeten Untertan zu machen. Linear wie sie es als Jäger gelernt haben. Ein Ziel finden und genau lokalisieren und dann ein Schuss. Persönlicher Gewinnmaximierung stand nichts im Weg. Es gab ja genug für alle. Und wenig Risiko, dass der Schuss in seiner Umgebung wo nachteilig streifen würde.
Frauen ticken anders. Frauen schauen nicht zuerst auf das Ziel in die Ferne. Frauen blicken sich zuerst mal um in ihrer näheren Umgebung. Wie sie es als Sammlerinnen gelernt haben. Sie schauen was es da so alles gibt und überlegen sich dann, was sie daraus so machen könnten. Eine Erfinderin sieht nicht zuerst das fertige Bild eines Korbes mit vorberechneten Zusatzfunktionen. Eine Frau sieht die Zweige und Äste und Lianen und lässt daraus etwas entstehen. Es kann ein Korb werden oder eine Wiege fürs Kind, je nach dem was gerade benötigt wird.
Wenn wir also nun im Jahr 2020 die vorgetrampelten Pfade unserer Urahnen verlassen wollen, sollten wir dann vielleicht die Frauen vorangehen lassen? Oder weniger plakativ: Unsere weiblichen Werte und ge-genderten Sammelfähigkeiten ausgraben? Ist es im Jahr 2020 an der Zeit, sich in seiner Umgebung umzuschauen, aufzusammeln was da ist und den jagenden Blick aus der Ferne abzuziehen?
Veränderung geht vom Mensch aus
Große Veränderungen in der Geschichte der Menschheit gingen immer von den Menschen aus. Man sagt Revolution. Und meint große Veränderung. Nicht das Politiksystem und auch nicht das System der Großkonzerne biegt zuerst vom Trampelpfad ab. Dafür sind diese Systeme zu schwerfällig. Kolosse müssen auf ausgetrampelten Pfaden bewegt werden. Es braucht zuerst einen Pfad, damit der Koloss folgen kann. Selbst wenn er wollte, er kommt nicht voran. Große Veränderungen passieren, wenn einzelne Menschen losgehen. Menschen sind flink und wendig.
Frauen in die erste Reihe
Was wäre, wenn die Veränderung, die uns bevorsteht nur passieren kann, wenn wir Frauen vorangehen. Nicht nur weil es an der Zeit ist. Was wäre, wenn es systemisch erforderlich wäre, weibliche Lösungsstrategien wirken zu lassen? Weibliche Werte auf den Fahnen in der ersten Reihe des Marsches hoch zu halten? Was wäre, wenn wir Mütter, Familienmanagerinnen, Hausfrauen, Unternehmerinnen, Nachbarinnen und Politikerinnen einfach gemeinsam losgehen müssten, um die Welt zu einem zukunftsfähigen und lebenswerten Ort für unsere Kinder zu machen? Mit dem Wissen in uns, dass wir die Puzzlesteine des Lösungsbilds bereits in unseren Herzen, Köpfen und Taschen gesammelt haben. Jahrhunderte und Jahrtausende lang.
Es ist an der Zeit, gemeinsam neue Pfade zu trampeln, denen die Kolosse unseres Systems dann folgen werden. Ein Koloss kann alleine keinen neuen Weg einschlagen. Ebenso wenig kann er sich auf Wegen fortbewegen, die nicht von Menschen begangen werden. Irrwege der Vergangenheit, die wir beschließen nicht mehr zu beschreiten, wachsen langsam aber sicher zu. Und kein Großkonzern und keine politische Partei wandelt auf verwachsenen Wegen. Sie würden ins Stolpern kommen.
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